Mittwoch, 8. Juli 2015

Die Amazonen

Jägerinnen sind eine ganz besondere Sorte Frau, wir sind hart im Nehmen, wissen, dass wir uns behaupten müssen und gleichzeitig repräsentieren wir die feminine Seite der Jagd. In ein Klischee kann man uns nicht drücken, wir sind selten dick (warum, dazu komme ich gleich), sportlich, ambitioniert und genussvoll. Wir sind einfach unglaublich :)
Viele Jägerinnen sind oder waren ebenfalls Reiterinnen, bei näherer Betrachtung fällt das gleich auf. Warum? Ich vermute, dass es etwas mit dem Biss zu tun hat. Männer sind meistens ja sowieso ambitioniert, wer schiesst den schönsten Bock? Wer kriegt am meisten Schweine, wer pirscht am besten. In den Mädelsforen wird das nur peripher diskutiert. Ich freu mich immer, wenn die anderen Mädels etwas erjagen können. Aber Reiterinnen und Jägerinnen haben Biss es durchzusitzen, zu warten, Geduld lernt man auf dem Pferd, wenn man schon hundert Mal unten lag und es immer noch nicht aufgibt. Biss sowieso. Irgendwann kommt der Bock. Der Moment kommt, wo du dich auf dem bockenden Pferd halten kannst (Haltungsnoten gibts ja nicht). So einfach. Jede Reiterin weiss das, jede Jägerin auch. 
Ausserdem sind sowohl Jägerinnen als auch Reiterinnen gewohnt, dass sie dumme Sprüche kassieren, von Männern, Frauen, anderen Reiterinnen, Menschen, die nicht reiten, wie mans macht, man macht es sowieso nicht richtig "Wieso bist du so viel beim Gaul?" "Wieso gehst du so oft zur Jagd?" "Du Tierlitöterin" "Du Tierquälerin, das arme Pferd" ""Ich mag Pferd am liebsten mit Kräuterbutter!" "Möchtest du mir mal den Boden vor deinem Waffenschrank zeigen?"...... Jaaaa...... Wir können darüber lachen und im Stillen "Ar****" denken. Jagdgegner? Nicht schlimmer als ein lästiger Schnupfen, wir kennen eure "Argumente", wisst ihr was? Es kratzt uns nicht, wir haben jahreland mit anderen, zum Teil sehr viel missgünstigeren Weibern im gleichen Stall geritten, dagegen sind eure Hasstirade eine Pusteblume.

Nur Weiber können anderen Mädels das Leben zur Hölle machen. Da liegt der Hund begraben, irgendwann haben die coolen Mädels die Schnauze voll von Zickenkriegen. Deshalb ziehen unsere Pferde auf Weiden oder in Ställe, wo die Frauenmaximaldichte bei 2/ha liegt. Das ist vollkommen akzeptabel. Da wir bereits jahrelang Erfahrung darin haben, wie es ist unter Frauen/Mädels/Weibern zu sein, suchen wir uns also eine Beschäftigung, die dem Reiten maximal ähnlich ist, aber trotz allem so wenig wie möglich Frauen beinhaltet. Jagen. Jagen ist die Antwort auf die Frage: Wo kann ich auf hohem Niveau mit Tieren (Jagdhunden) arbeiten, meine Ruhe finden, anstrengenden Sport treiben, der nicht in einem Zimmer mit anderen schwitzenden Weibern stattfindet, mein kluges Köpfchen einsetzen, ab und an gepflegt einen über den Durst trinken, der Natur nah sein und vielleicht sogar etwas für die Umwelt tun. Genau. Da sind wir. Jagen. Natürlich beinhaltet es noch, auch ganz Amazone, die Essensbeschaffung, wobei ich bei meinem Glück derzeit Vegetarierin sein müsste.


Reiterinnen bringen ausserdem eine ganz wichtige Eigenschaft zur Jägerei mit. Uns ist nämlich bewusst, dass Wetter oft ein fieser Begleiter ist. Wir wissen, dass nicht alles so hübsch rosa ist in der Wetterwelt, wie uns der Wetterdienst weissmachen will. Wir wissen, dass Neuschnee nicht heisst, dass man durch eine leicht wattierte Welt geht - bei Sonnenschein und blauem Himmel, sondern wir wissen, wie fies nass und kalt Neuschnee ist, wenn er den Schal durchweicht hat. Wir wissen, wie wir uns anziehen müssen, damit wir im Schrittausritt nicht auf dem Sattel festfrieren und welche Handschuhe die wärmsten sind. Wir wissen, dass wir auf Drückjagden mindestens noch 4 mal Wechselklamotte dabei haben müssen, weil Männer Frauen nicht schonen. 2 Kilometer Fichtenschonung mit Brombeerbewuchs? Hei Mädels, das ist euer Trieb! Haha! Kleinere Blessuren nehmen wir ohne mit der Wimper zu zucken hin und wir kennen die Vorteile von wasserfester Mascara, nicht weil wir heulen, sondern weil wir schwitzen. Reiterinnen wissen bereits vor dem ersten Sommeransitz, welches Mückenmittel besonders gut hilft (das ist nämlich von Haut zu Haut verschieden) und wie sehr die Bisse von Pferdebremsen weh tun (und das sie selbst durch Jeans stechen, diese Biester). Die Ration Quark liegt bei richtig fiesen Stichen griffbereit im Kühlschrank.

Wir erkennen Gangabnormalitäten bei allen Waldtieren sofort, denn wer ein lahmendes Pferd erkennt, der weiss auch, wie ein lahmendes Reh aussieht. Wir wissen, dass man im Frühjahr von plötzlichen Kälteeinbrüchen immer dann heimgesucht wird, wenn man garantiert nichts Warmes zum Anziehen dabei hat und beugen dem bereits im Ansatz vor. Reiterinnen haben ebenfalls keine Scheu vor allerlei "ekligen" Dingen. "Komm, wir helfen beim Hufabszess ausschneiden", wer den Spruch einmal überlebt hat, der kann auch locker aufbrechen, ohne dass sie umfällt. Was unsere werten Mitjäger nicht wissen, Reiterinnen wissen, wie man in 5 Minunten einen Hengst im Stehen kastrieren kann. 
Ausserdem sind wir -obwohl ihr die Bilder von uns im ladypinken Turnierdress gesehen habt- längst keine Tussen. Oder meint ihr etwa, dass wir die Boxen unserer Pferde nicht selber sauber machen können? Wer schon einmal versucht hat einen Hengst an einer rossigen Stute vorbeizuführen, oder einen lahmenden Gaul im Winter auf Anraten des Tierarztes in der Box mit 5 Minuten Schritt pro Tag gehalten hat, der hat auch keine Angst vor einem Wildschwein.

Reiten ist ne prima Sache, aber nur die tollsten Reiterinnen werden Jägerinnen, echte Amazonen. Habt ihr jetzt auch verstanden, richtig?! 

1 Kommentar:

  1. Seid 2 Stunden kann ich nicht mehr schlafen und raus wollte ich heute mal auch nicht; da stieß ich - mal wieder nach längerer Zeit - auf deinen Blog - und begann zu lesen....Ja, es hat mich gefesselt; auch als Mann und Jäger...Kompliment;

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